Der besondere Blick: Nah am Leben – 200 Jahre Gipsformerei

Mit einer Sonderausstellung feiern die Staatlichen Museen zu Berlin
das zweihundertjährige Jubiläum ihrer ältesten Einrichtung.
Seit 1819 fertigt die Gipsformerei in alter Handwerkstradition Abgüsse bedeutender Bildwerke
von der Vor- und Frühgeschichte bis ins 20. Jahrhundert.

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Frau Schöppe-Carstensen gruppierte die Teilnehmer/innen zu Beginn der Führung unter der Bronzebüste von James Simon, der als wichtigster Mäzen dem Bode-Museum seine bedeutsamen und millionenschweren Sammlungen schenkte. Seine Spenden gehören zu den Highlights auf der Museumsinsel in Berlin-Mitte.

Im ersten Themensaal erklärte Frau Schöppe-Carstensen anhand des Abgusses eines lebensgroßen Krokodils und anderen Abformungen aus Fauna und Flora die verschiedenen Arten der Abformtechniken. Sie erläuterte das komplexe Verfahren, wie zunächst eine Negativform vom Objekt erzeugt und diese wieder gefüllt wird, um ein Positiv zu erhalten. Dabei kommen zahlreiche Werkstoffe wie Alginat, Silikon, Ton- und Gipsmassen in komplizierten Arbeitsschritten zum Einsatz.

Die Abformtechniken waren besonders im 19. Jahrhundert sowohl in Bildhauerateliers als auch in wissenschaftlichen Sammlungen weit verbreitet. Eine besondere Technik ist der Abguss nach der lebenden Figur, dazu sehen wir in einem weiteren Themensaal menschliche Masken, Torsi, Arme oder Füße, die wegen ihrer Genauigkeit und Plastizität faszinieren. Besonders beeindrucken uns die Totenmasken wie z. B. von Friedrich dem Großen, Johann Wolfgang von Goethe, Carl Maria von Weber, Richard Wagner und das anrührende Antlitz der „Selbstmörderin aus der Seine“.

In der heutigen Zeit konkurriert der 3-D-Druck mit der Abformtechnik aus der Vergangenheit. Wir sehen den Kopf des berühmten Berliner Eisbären Knut, der computergesteuert und naturgetreu aus mehreren flüssigen Werkstoffen erzeugt wurde.

Abschließend bewundern wir die vergoldete Abformung einer frisch gepflügten Ackerscholle, die die unmittelbare Nähe zur Natur darstellt.

Die Gruppe des Freundeskreises bedankt sich sehr herzlich bei Frau Katja Schöppe-Carstensen für diese anschauliche Führung durch die wunderbare Sonderausstellung.

 

Text: Irmtrud Pandza | Foto: Hubert Pandza

Bild: Edouard Joseph Dantan, 1887
Die Atelierszene zeigt zwei Former, die dabei sind, die erhärtete Gipsform vom Bein einer jungen Frau abzunehmen.