Thomas Meier-Castel

Große Radierungen

26. April 2019 – 1. Juni 2019

Eröffnung

26. April 2019 - 19:00 Uhr

Einführung

Dr. Roland Mönig, Kunst- und Kulturwissenschaftlicher Vorstand, Stiftung Saarländischer Kulturbesitz und Direktor des Saarlandmuseums, Saarbrücken

English version below

Thomas Meier-Castel – Große Radierungen

Eine Schlagbohrmaschine oder Straßenbelag konnten für Thomas Meier – Castel Werkzeuge sein, um eine Druckplatte zu bearbeiten. Der 1949 im Saarland geborene und 2008 verstorbene Künstler nimmt als Radierer eine ebenso radikale wie zeitgemäße Position ein. Er hat sich früh für die Radierung entschieden und in der Konzentration auf dieses Medium die Grenzen von Format und Gestaltungsmitteln stetig erweitert. Seine Druckplatten aus Metall (Kupfer, Aluminium, Eisen, Zink) haben häufig Formate von mehr als ein mal zwei Metern, für die er sich eine eigene Druckerpresse bauen ließ. Die Auseinandersetzung mit dem Motiv findet vor Ort statt, im Freien, auf der Straße. Instrumente zur Bearbeitung konnten neben der Radiernadel die Flex, die Schlagbohrermaschine oder große Parkettschleifmaschinen sein. Eine Arbeit kann sich auf einer aus sechs, acht, neun einzelnen Blättern montierten Fläche erstrecken.

Die Saarländische Galerie zeigt ab 26.4. (bis 1.6.) zum ersten Mal in Berlin großformatige Arbeiten des Ausnahme – Radierers, dessen Blätter bereits in der Staatsgalerie Stuttgart, dem Germanischen Nationalmuseum Nürnberg, dem Museum Folkwang Essen, der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe oder der Moritzburg Halle zu sehen waren.

Die Radierung mit der Kaltnadel erlaubt eine unmittelbare Umsetzung der künstlerischen Äußerung in Form von Bewegungsspuren auf der metallenen Druckplatte. Das Besondere dabei ist der Widerstand, den das Metall der Radiernadel oder einem anderen Werkzeug leistet. In der Auseinandersetzung mit diesem immer aufs Neue gesuchten Widerstand hat Thomas Meier-Castel sowohl seine Formate als auch seine Bearbeitungsmethoden entwickelt, um zu neuen, zeitgemäßen Ausdrucksmöglichkeiten zu gelangen.

Die Oberflächen der Metallplatten werden durch Kratzen, Schleifen, Ritzen, Hämmern mit Maschinen oder Werkzeugen unter oft intensivem Körpereinstz „aufgebrochen“. Serielle Abläufe und der Zufall erhalten ein großes Gewicht innerhalb der Gestaltung, am konsequentesten eingesetzt in einer Serie von Arbeiten, bei der die Druckplatten mit dem Motorrad oder dem Auto über Straßen geschleift wurden. Am Ende des Prozesses werden die Strukturen durch den Abdruck in das Papier übertragen. Dieser skulpturale Umgang mit den Techniken der Radierung bleibt bis zu Meier-Castels letzten Arbeiten hin sichtbar: „Ich muss die Materie durchdringen und ihr meine Sensibilität aufdrücken“.

Im Druck auf dem Papier hat sich Thomas Meier-Castel durch den Einsatz unterschiedlicher Werkzeuge und Geräte ein differenziertes Vokabular erarbeitet. Es reicht von zarten oder kräftigen Linien als Bewegungs- und „Erregungs“-spuren bis zu sich verdichtenden und sich wieder auflösenden Strukturen, die eine stark räumliche Wirkung entfalten können. Eng neben- und übereinander einander gesetzte Linien können sich zu einem undurchdringlichem Geflecht aus Schwarz verdichten. Licht sammelt sich in den großen freien Flächen oder bricht über helle, ausgesparte Linien und Kanten aus den dunklen Flächen hervor.

Biografie

1949 in Blieskastel geboren, ab 1968 Reisen nach Paris, London, Rom und Florenz, 1973 – 76 Studium Druckgrafik bei Anian W. Steinert, Kunstakademie Karlsruhe, freies Zeichnen bei Bernhard Epple, Heidelberg. Bis 1982 Atelier in Blieskastel, ab 1982 mit Ute Gortner im gemeinsamen Atelier in Bexbach, 1985 erste große Radierungen (200 × 100 cm), 1986 Kunstpreis Grafik in Ludwigshafen (1. Preis), 1987 Perron Kunstpreis Grafik der Stadt Frankenthal (2. Preis). 1989 Umzug nach Lothringen, zahlreiche Reisen mit ‚Vor-Ort Arbeiten‘ u.a. in Rom, Berlin, Leuna, 2007 Felix Hollenberg-Preis für Druckgraphik der Städtischen Galerie Albstadt, 2008 gestorben

Ausstellungen (Auswahl)

1997 Museum Folkwang, Essen 1998 Ludwig-Museum im Deutschherrenhaus, Koblenz 1998 Musée d´Art Contemporain, Deutsch Foundation, Belmont-sur-Lausanne, Schweiz 2001/02 Staatsgalerie Stuttgart „Thomas Meier-Castel – Radierung Pur“ 2004 Pfalzgalerie Kaiserslautern „Thomas Meier-Castel – Liaison mit Schwarz. Große Radierungen 1990-2004“ 2008 Staatliche Kunsthalle Karlsruhe: „Kräftespiel – Zeichnung und Grafik von Thomas Meier-Castel“ 2008/09 Städtische Galerie Albstadt 2011 Saarländisches Künstlerhaus 2018 Moderne Galerie, Saarlandmuseum, Saarbrücken und Kunstsammlungen Chemnitz

Sammlungen (Auswahl)

Kunsthalle Bremen, Graphische Sammlung; Kunstsammlungen Veste Coburg; Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstichkabinett; museum kunst palast Düsseldorf, Graphische Sammlung; Museum Folkwang, Essen; Museum Pfalzgalerie, Kaiserslautern; Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Kupferstichkabinett; Museum der bildenden Künste Leipzig, Graphische Sammlung; Staatliche Graphische Sammlung München; Bibliothèque Nationale de France, Paris; Ministerium für Bildung und Kultur, Saarbrücken; Staatsgalerie Stuttgart

Thomas Meier-Castel – Large Etchings

Impact drills or asphalt roads could be tools of printing plate production, in the eyes of Thomas Meier-Castel. Born in Saarland in 1949, deceased in 2008, the artist occupies a position in the history of etching as radical as it is contemporary. He opted to pursue etching at an early age and in concentrating on this one sole medium he steadily expanded its scope, in terms both of format and creative approach. His metal printing plates (of copper, aluminium, iron or zinc) were frequently more than 1 x 2 metres in size, and he was thus obliged to have a made-to-measure printing press built for them. He explored motifs on site, in the open air, on the street. His tools of choice were the etching needle, angle grinder, impact drill or industrial sanding machine. Six, eight or nine prints might be mounted to create a single work.

From 26 April 2019, the Saarländische Galerie will show a selection of large-scale works by this exceptional etcher.

The drypoint technique is a very immediate means of artistic expression, in the form of traces of movement on a metal printing plate. The particularity thereby is the resistance with which metal parries the etching needle or other impact tool. In persistently seeking and confronting such resistance, Thomas Meier-Castel honed his formats and artistic methods, and so attained novel contemporary expressive effects.

The scratches, grind marks, cuts and hammer blows inflicted by machines or manual tools, often with intense physical exertion, “break open” the surface of each metal plate. Of huge importance to the creative process are serial procedures and the element of chance, most consistently deployed in the work series for which printing plates are dragged along roads by a motorbike or car. At the end of the etching process, the structures are transferred by printing press to paper. This sculptural approach to the etching technique is in evidence also in the final works. “I must permeate the material and imprint it with my sensibilities”, Meier-Castel said.

For his prints on paper Thomas Meier-Castel used a variety of tools and devices to evolve a rich and highly nuanced idiom that ranges from delicate lines as traces of motion and “commotion” to extremely dense structures that yet subsequently dissolve to impressive spatial effect. Thanks to the conscious use of light/ dark contrasts, rhythmic or flowing traces of movement unfold in black on light-coloured paper supports.

Biography

Born in Blieskastel in 1949; travels as of 1968 to Paris, London, Rome and Florence; 1973–76 studies printing under Anian W. Steinert at the Kunstakademie Karlsruhe, and graphic art under Bernhard Epple in Heidelberg. Until 1982 has a studio in Blieskastel, as of 1982 a shared studio with Ute Gortner in Bexbach; in 1985 first large etchings (200 × 100 cm); in 1986 receives the Kunstpreis Grafik in Ludwigshafen (1st prize), in 1987 the Perron Kunstpreis Grafik of the town of Frankenthal (2nd prize). In 1989 relocates to Lothringen; travels widely, producing “on-site works” inter alia in Rome, Berlin, and Leuna. In 2007 receives the Felix Hollenberg Award of the Städtische Galerie Albstadt for his graphic prints. Meier-Castel dies in 2008.

Exhibitions (selection)

1997 Museum Folkwang, Essen; 1998 Ludwig-Museum at Deutschherrenhaus, Koblenz; 1998 Musée d´Art Contemporain, Deutsch Foundation, Belmont-sur-Lausanne, CH; 2001/02 Staatsgalerie Stuttgart “Thomas Meier-Castel – Radierung Pur”; 2004 Pfalzgalerie Kaiserslautern “Thomas Meier-Castel – Liaison mit Schwarz. Große Radierungen 1990–2004”; 2008 Staatliche Kunsthalle Karlsruhe: “Kräftespiel – Zeichnung und Grafik von Thomas Meier-Castel”; 2008/09 Städtische Galerie Albstadt; 2011 Saarländisches Künstlerhaus; 2018 Moderne Galerie, Saarlandmuseum, Saarbrücken, and Kunstsammlungen Chemnitz.

Collections (selection)

Kunsthalle Bremen, Graphische Sammlung; Kunstsammlungen Veste Coburg; Staatl. Kunstsammlungen Dresden, Kupferstickabinett; museum kunst palast Düsseldorf, Graphische Sammlung; Museum Folkwang, Essen; Museum Pfalzgalerie, Kaiserslautern; Staatl. Kunsthalle Karlsruhe, Kupferstichkabinett; Museum der bildenden Künste Leipzig, Graphische Sammlung; Staatl. Graphische Sammlung München; Bibliothèque Nationale de France, Paris; Ministerium für Bildung und Kultur, Saarbrücken; Staatsgalerie Stuttgart