Andrea Neumann

Seitwärtsgang

5. September 2013 – 20. Oktober 2013

Eröffnung

5. September 2013 - 19:00 Uhr

Einführung

Ernest W. Uthemann, Saarland Museum

Andrea Neumann begibt sich in ihren Bildern auf die Suche nach einer Verbildlichung nicht nur des Wahrgenommenen, sondern auch des flüchtigen Wahrnehmungsvorgangs selbst, der sich aus Erwartungen, Vorstellungen oder Erinnerungen generiert. Andrea Neumann malt genau diese schwer greifbare Differenz, diese Spannung zwischen Dokument und Gedächtnis. Gleichzeitig verdeutlicht sie in ihren Bildern, dass unser jeweiliger Realitätsbegriff eine Konstruktion ist.

Ihre motivischen Ausgangsmomente sind vielfältig. Wichtigstes Thema ist der Mensch, genauer gesagt, das menschliche Tun. Wenn der Mensch nicht selbst in den Bildern anwesend ist, hat er zumindest deutliche Spuren hinterlassen: Beichtstühle, Bücher, ein Küchentuch oder auch ein Zelt.

Im Entstehungsprozess gewinnt Andrea Neumanns Malerei zwei gegenläufige Eigenschaften: Sie zerfasert zu oft beinahe unzusammenhängenden Farbzonen, zu einem losen Muster von Pinselzügen; gleichzeitig aber werden diese in der Bildfläche isoliert und damit konzentriert. Der Fokus richtet sich auf jene gestaltbildenden Eigenschaften der Gegenstände, die notwendig sind, um das Verschwinden der Kenntlichkeit zu verhindern. Ihre Bilder berufen sich zwar in ihrem Motivbestand, auch in den Grundzügen ihrer Komposition auf die dokumentarischen Eigenschaften der zugrunde liegenden Fotografie, verwandeln deren Präzision aber in die schemenhafte Emanation des gerade noch Erinnerlichen. Die oft gesichtslosen Figuren erscheinen aus Träumen und mühsam regenerierten Erinnerungen, als spiegele die lockere Malweise die Eile, mit der das Flüchtige kurz vor seinem endgültigen Verschwinden noch fixiert werden sollte. Auf diese Weise mutieren die Motive zu Traumbildern, die man nicht festhalten kann.

Andrea Neumann zeigt, dass die Kunst etwas Unerhörtes und scheinbar Widersinniges kann: das Ungreifbare als das zu manifestieren, was es ist – ungreifbar nämlich – und dies in Bildern zu materialisieren.

Andrea Neumann
*1969 in Stuttgart, lebt und arbeitet in Saarbrücken und Lothringen.
1991-1996 Studium der Freien Kunst an der Hochschule der Bildenden Künste Saar, Saarbrücken bei Prof. Bodo Baumgarten und Prof. Jo Enzweiler. Seither zahlreiche Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen. Seit 2008 Lehrauftrag an der Hochschule der Bildenden Künste Saar, Saarbrücken.

www.andrea-neumann.de